Serialisierung: Digitale Revolution hält Einzug in der Pharmaindustrie

Blick durch die Datenbrille Microsoft Hololens für eine Mixed-Reality

Anfang April 2018 veranstaltete Adents als Experte der Bereitstellung von Lösungen zur Serialisierung und Rückverfolgung von Produkten in Paris seinen ersten Kongress zum Thema Serialisierung und Innovation. Mehr als 200 Teilnehmer folgten der Einladung. Im Rahmen der Veranstaltung wurden die beiden Arbeitspartner Microsoft und Siemens sowie Experten und Sachkundige aus dem Gesundheitswesen zusammengebracht. Ziel war ein Austausch zwischen Vertretern der pharmazeutischen Lieferkette, die von diesen Vorschriften betroffen sind. Auch wurden Lösungen für die Industrie 4.0 vorgestellt, die Wertschöpfung weit über Compliance hinaus bieten können.

Die Microsoft HoloLens, eine Brille mit einer integrierten eigenen Rechnereinheit, bietet weder die Darstellung einer virtuellen noch einer alternativen Realität, sondern eine sogenannte „Mixed Reality“, die das Beste aus virtueller und erweiterter Realität kombiniert und numerische Elemente und ausgesprochen realistische Hologramme in der realen Umgebung des Benutzers anzeigt. Evlampia Thoreau aus dem Hause Microsoft führte vor Ort vor, dass sie mit einer einfachen Handgeste mit Hologrammen interagieren, sie formen oder verändern kann. In der industriellen Umgebung eröffnet diese Innovation allen Beteiligten des Produktionszyklus ganz neue Perspektiven in Sachen Mobilität und Echtzeit-Interaktion. Genau das erwähnte Christophe Devins schon in seiner Begrüßungsrede zur Kongresseröffnung: „Die Technologien sind bereits vorhanden“.

Realität vor Ort

Johan Verhaeghe, National Policy Liaison Manager bei Medicines for Europe, das europäische Äquivalent zur französischen Organisation Leem, informierte in seinem Vortrag über die aktuelle Situation in Hinblick auf die strikte Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung der Serialisierung. „Auch zehn Monate nach Bekanntgabe der europäischen Richtlinie zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen sind scheinbar ca. 50 Prozent der Länder in Bezug auf die Implementierung des europäischen Systems für die Verifizierung von Arzneimitteln (EMVS) damit im Rückstand, eine Verbindung von den Zulassungsinhabern oder ihren Auftragsherstellern (CMOs) zum Europäischen Hub sicherzustellen, an den diese ihre Seriennummern übermitteln müssen“, so Verhaege.

Auch auf amerikanischer Seite zeigt die den Arzneimittelherstellern von der Regierung zugebilligte einjährige Frist zur Umsetzung der DSCSA-Richtlinie (November 2018), dass die Dinge nicht mehr so einfach sind. So lautet die Kernbotschaft der Podiumsrede von Perry Fri, Executive VP Industry Relations, Membership & Education und Chief Operating Officer der Healthcare Distribution Alliance (HDA), dem größten Verband amerikanischer Arzneimittelhändler. Angesichts der von der Pharmaindustrie geschilderten Schwierigkeiten bei der Implementierung der Serialisierung hat die HDA das Produktdatenarchiv Origin ins Leben gerufen. Origin versteht sich als „zentrales Archiv mit Echtheitsgarantie“ für die GTIN-Codierung von Arzneimitteln. Es dient als Zentrale zur Vereinfachung der Kommunikation zwischen den einzelnen Handelspartnern und zur Produktidentifikation. „Es handelt sich dabei weder um einen Verteiler noch um eine Datenbank für Seriennummern, einen Transaktionsservice oder einen Wirkstoffkatalog“, betont Perry Fri.

Für Pharmazeuten im Krankhaus sieht die Situation auch nicht viel besser aus. Dr. Patrick Mazaud, Mitglied der Ordre des Pharmaciens, ist mit der Implementierung der Vorschriften gemäß der europäischen Richtlinie zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen in Krankenhäusern beauftragt. Erste Bilanz: Von 3.000 Krankenhauseinrichtungen in Frankreich sind lediglich 200 mit einem IT-System ausgerüstet. „Die Serialisierung ist für die Kliniken eine enorme Herausforderung, die sie dazu zwingt, Arbeitsorganisation und Logistik zu überdenken“, erklärte er. „Das ist die Chance für die Implementierung der digitalen Transformation in Krankenhausapotheken, doch sie erfordert für die Umsetzung der Richtlinie mehr Zeit als von der europäischen Union vorgegeben.“ Julien Delonca, Direktor der Klinik in Millau, einem kleinen Krankenhaus mit 448 Betten, bereitet die Umsetzung dieser Richtlinie echtes Kopfzerbrechen. Aufgrund der kleinen Größe seines Krankenhauses sind für ihn solche Investitionssummen einfach nicht aufzubringen.

Wie Sophie Molle, Managerin Healthcare Industry Engagement bei GS1, bereits erwähnte, „wird die Erfüllung der gesetzlichen Richtlinien mit über 65 bereits bestehenden oder noch kommenden Vorschriften für die Pharmahersteller immer schwieriger“. Zur Bewältigung dieser Herausforderung setzt GS1 sich für die Entwicklung von weltweiten Standards ein, die allen Akteuren der pharmazeutischen Lieferkette auf transparente und effiziente Weise einen gemeinsamen Austausch ermöglichen, da jeder Akteur in seiner Funktion ein festes Bindeglied in der Kette ist. Diese Vorschriften sind durchaus eine Herausforderung, doch die Forderung der Patienten und der Gesellschaft nach mehr Transparenz führt dazu, dass über kurz oder lang sämtliche Branchen betroffen sein werden. Von daher hat die Pharmaindustrie eine echte Chance, im Rahmen dieser Entwicklung bzw. Revolution die Vorreiterrolle zu übernehmen, um so in erster Linie die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten, aber auch um die Effizienz zu steigern und neue Möglichkeiten zur Mehrwertschöpfung zu finden.

Die nächsten beiden Ausgaben des Adents Serialization Innovation Summit finden am 20. und 21. Juni in Philadelphia und im Oktober 2018 in China statt.

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