vfa Statement: Bilanz der neuen Medikamente 2015

Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen

Für viele Patientinnen und Patienten war 2015 ein gutes Jahr, weil sich die Chancen auf Besserung ihrer Leiden wesentlich erhöht haben. Dazu haben neue Medikamente forschender Pharma-Unternehmen beigetragen. So wurden die Möglichkeiten erweitert, das körpereigene Immunsystem gegen mehrere Arten von Krebs zu aktivieren - durch Medikamente, die Immunzellen "einsatzbereit" halten (PD-1-Hemmer) oder sie direkt an Krebszellen heranführen (BiTEs = bispezifische T-Cell Engager).

Für einigen Patienten, denen Herzinfarkte oder Schlaganfälle drohen, bieten Cholesterin-senkende PCSK9-Hemmer eine neue Möglichkeit, die Risiken zu senken. Gegen multiresistente Bakterien sind zwei neue Antibiotika verfügbar geworden. Erstmals wurde auch ein Medikament mit adulten Stammzellen zugelassen - es dient zur Wiederherstellung einer geschädigten Augen-Hornhaut.

"Medikamente wie diese zeigen, wie Pharma-Unternehmen an Erkenntnissen der Grundlagenforschung anknüpfen und daraus durch eigene Forschung konkrete Fortschritte für Patienten schaffen" - so kommentierte Birgit Fischer, die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), heute in Berlin, die Innovationsbilanz 2015. "Die neuen Therapiemöglichkeiten müssen nun auch ohne Restriktionen in der Patientenversorgung ankommen; und sie müssen sich auch für die Firmen auszahlen, damit diese die nächsten Innovationen finanzieren können. Deshalb ist eine ganzheitliche Betrachtung des Innovationskreislaufs mit seinen medizinischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekten unverzichtbar. Dafür setzen wir auf den laufenden Pharma-Dialog mit der Bundesregierung".

Medikamente mit neuen Wirkstoffen
36 der Medikamente des Jahres 2015 basieren auf neuen Wirkstoffen - das sind erneut weit mehr als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre, der bei knapp 28 Mitteln liegt. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass die industrielle Pharmaforschung in ihrer Produktivität in den letzten Jahren zugelegt hat und den medizinischen Fortschritt voranbringt. Diese 36 Medikamente mit neuen Wirkstoffen dienen der Behandlung von Krebs (13), Infektionskrankheiten (5), Herz-Kreislauf- (5) und Entzündungskrankheiten der Haut (3), ererbten Stoffwechselkrankheiten (2), Augenkrankheiten (2), Atemwegserkrankungen (2), Diabetes Typ 2 (1) und Schmerzen (1).

Gleich 13 Medikamente kamen für die Krebstherapie heraus; davon jeweils drei gegen den Knochenkrebs Multiples Myelom und den nichtkleinzelligen Lungenkrebs, zwei gegen fortgeschrittenen schwarzen Hautkrebs. Damit hat die Pharmaforschung neue Möglichkeiten für die Behandlung dieser aggressiven Krebsarten eröffnet. Von den fünf Medikamenten gegen Infektionskrankheiten erweitern zwei das Sortiment zur Heilung von Hepatitis C. Zwei neue Antibiotika sind gegen unterschiedliche multiresistente Keime (sogenannte gramnegative Keime und MRSA) wirksam.

Gleich sieben Medikamente sind im Sinne der personalisierten Medizin erst zu verordnen, wenn ein Gen- oder zytologischer Test ihre Eignung beim jeweiligen Patienten angezeigt hat. Damit hat sich die Zahl der Arzneimittel der Personalisierten Medizin in Deutschland auf 45 Medikamente erhöht. 12 der 36 Medikamente mit neuen Wirkstoffen haben den Orphan Drug-Status, weil sie für Menschen mit seltenen Erkrankungen entwickelt wurden. Zu diesen Erkrankungen zählen unter anderem die Erbkrankheiten Hypophosphatasie, Morbus Gaucher und der Mangel an lysosomaler saurer Lipase, aber auch einige seltene Krebsarten.

An zwei neuen Wirkstoffen haben deutsche Labors von Pharma-Unternehmen maßgeblich mitgewirkt; sie dienen der Behandlung von akuter lymphatischer Leukämie und nicht-kleinzelligem Lungenkrebs / Lungenfibrose. Die meisten neuen Medikamente wurden zudem unter Beteiligung deutscher Kliniken erprobt.

Neue Medikamente auf Basis bewährter Wirkstoffe
2015 haben Pharma-Unternehmen auch eine Reihe bewährter Wirkstoffe in neuen Darreichungsformen herausgebracht, etwa um sie auch für kleinere Kinder anwendbar zu machen. So ist nun ein AIDS-Medikament als Granulat bereits bei HIV-positiven Kindern ab 4 Wochen einsetzbar. In mehreren Medikamenten wurden auch häufig gemeinsam eingesetzte Wirkstoffe in einer Tablette kombiniert. Dies kann helfen, dass chronisch kranke Patienten seltener die Einnahme einzelner Mittel versäumen, was ihr Behandlungsergebnis verbessert.