
Merck in Darmstadt und das Forschungs- und Innovationszentrum für Nanoelektronik und digitale Technologien Imec haben eine strategische Partnerschaft vereinbart. Gemeinsam entwickeln sie eine fortschrittliche Plattform für mikrophysiologische Systeme (kurz: MPS), auch Organ-on-a-Chip-Systeme genannt. Innerhalb der Zusammenarbeit wollen beide Partner ihre jeweiligen Aktivitäten zur Effizienzsteigerung in der Wirkstoffforschung und -entwicklung vorantreiben. Dazu soll die prognostische Validität präklinischer Modelle der nächsten Generation erhöht und die Abhängigkeit von Tierversuchen weiter reduziert werden.
KI-gestützte Forschung beschleunigt Entdeckung neuer Wirkstoffkandidaten
„Durch die Kombination von Mercks branchenführendem Portfolio an induzierten pluripotenten Stammzellen und von Patienten stammenden Organoiden mit der revolutionären gemeinsamen Hardwareplattform, die sich durch eine beispiellose Anzahl von Biosensoren auszeichnet, schaffen wir eine vernetzte In-vitro- und In-silico-Pipeline, mit deren Hilfe sich dringend benötigte hochwertige biologische Trainingsdaten erzeugen lassen. Im Zusammenspiel mit KI-gestützter Wirkstoffforschung wird dieses auf dem Closed-Loop-Prinzip basierende Betriebsmodell die Übertragbarkeit der Daten auf den Menschen erheblich verbessern, die Entdeckung neuer Wirkstoffkandidaten beschleunigen und es Forschenden ermöglichen, Reaktionen im menschlichen Körper realitätsgetreuer als je zuvor zu simulieren“, erklärt Steven Johnston, Vice President und Leiter Technology Enablement bei Merck, über das bahnbrechende Potenzial dieser Zusammenarbeit.
Chip-Technologie soll Datenlücke schließen
„Aussagekräftige präklinische Modelle erfordern biologische Relevanz und die Fähigkeit, detaillierte und vielfältige Datensätze bei hohem Durchsatz zu generieren. Dazu ist keines der derzeit verfügbaren Modelle in der Lage. Bei Imec entwickeln wir eine einzigartige Chip-Technologie, die diese Datenlücke schließen soll. Durch die Bündelung unserer Technologie mit dem Know-how von Merck in den Bereichen Life Science und Healthcare werden wir in der Lage sein, dem wachsenden Bedarf an präklinischen Modellen als Grundlage für KI-Modelle in der Wirkstoffforschung gerecht zu werden“, fügte Paru Deshpande, Vice President R&D bei Imec, hinzu.
Merch Healthcare setzt System in Arzneimittelentwicklung ein
Das Programm ist das erste seiner Art und zielt darauf ab, hochentwickelte Organoide und biologische Modellsysteme mit moderner Halbleiterhardware zu kombinieren. Darüber hinaus sollen spezielle Biosensor- und Mikrofluidik-Technologien integriert werden. Alle Komponenten sind für den anwenderfreundlichen Einsatz in der Laborumgebung des Unternehmensbereichs Healthcare von Merck validiert und werden weltweit angeboten. Wissenschaftler sollen mit diesem Ansatz in die Lage versetzt werden, in kürzester Zeit Erkenntnisse über die Gesundheit einzelner Organe oder eines vernetzten Multiorgansystems zu gewinnen. Das ermöglichst präzisere und effizientere Prozesse in der Arzneimittelentwicklung.
Echtzeit-Identifizierung von Reaktionen menschlicher Organe auf Wirkstoffe
Kernstück dieser bahnbrechenden Hardware-Entwicklungspartnerschaft ist das hochgradig anpassungsfähige modulare System von Imec. Es ermöglicht eine nahtlose Erweiterung von Einzelorgan- auf Multiorgan-Konfigurationen. Durch die standardisierten Schnittstellen des Systems sollen so kundenspezifische Konfigurationen aus dem umfangreichen Portfolio von Merck an induzierten pluripotenten Stammzellen und patientenabgeleiteten Organoid-Modellen realisiert werden können. In Kombination mit dem Know-how von Imec bei der Integration von Sensortechnologien werden die hochmodernen integrierten Biosensoren Kunden helfen, die Datenqualität durch markierungsfreie In-situ-Messungen zu verbessern und die Kontrolle und Reproduzierbarkeit ihrer Zellkulturen zu erhöhen. Das Ergebnis sollen verlässlichere Vorhersagen und die Möglichkeit zur Echtzeit-Identifizierung von Reaktionen menschlicher Organe auf Wirkstoffe und chemische Stimuli für die Anwendung in präklinischen Studien zu Sicherheit und Toxizität sowie Pharmakokinetik und Metabolismus sein.
Darüber hinaus vereinfacht der auf standardisierten Komponenten basierende Aufbau dieser Technologie nicht nur die Anwendung. Er , sichert auch die Konsistenz der Daten über verschiedene Testszenarien hinweg. Von dieser Standardisierung wird eine bessere Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse in der gesamten Pharmaindustrie erwartet. Dadurch sollen die Entwicklungszeiten von Arzneimitteln weiter verkürzt und die Kosten gesenkt werden.
Kollaborationsprogramm von Merck und Imec für weitere Partner offen
Im Rahmen ihrer Kooperation wollen Merck und Imec weitere Akteure aus der Biotech- und Pharmabranche für eine Zusammenarbeit gewinnen. Gemeinsam soll die nächste Generation von MPS-Modellen entwickelt werden, die dazu beitragen können, Patienten schneller als je zuvor sicherere und wirksamere Therapien zur Verfügung zu stellen.