Umfrage bestätigt großes Potenzial von Multichannel-Konzepten
Ärzte durch optimales Pharma-Marketing erreichen
Mittwoch, 12. März 2014
| Redaktion
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Pharmakonzerne müssen in ihren Marketingaktivitäten auf immer mehr unterschiedliche Zielgruppen eingehen, Bild: © cirquedesprit - Fotolia.com

Die internationalen Pharmakonzerne müssen in ihren Marketingaktivitäten auf immer mehr unterschiedliche Zielgruppen mit völlig verschiedenen Bedürfnissen eingehen. Die Bandbreite der Zielgruppe reicht von Behörden und Erstattern über die Medien bis hin zu Patientenorganisationen. Dennoch spielen Ärzte weiterhin eine entscheidende Rolle bei der tatsächlichen Entscheidung für die Verschreibung.

Auch in Arztpraxen gehört die Digitalisierung heute zur Realität. Multichannel Management, also die Ansprache über unterschiedliche Kanäle, hat daher in der Pharmaindustrie bereits vor einigen Jahren bereits begonnen. Heute stellt sich vor allem die Frage, ob die europäischen Pharmaunternehmen in diesem Bereich bereits das volle Potential ausschöpfen. Darum haben sich die Strategie- und Organisationsberatung Camelot Management Consultants und die Pharma & Life Sciences Praxis der internationalen Anwaltskanzlei Taylor Wessing zusammengetan, um mit Hilfe einer Umfrage unter mehr als 50 Führungskräften der europäischen Pharmabranche den Stand der Umsetzung solcher Konzepte zu ermitteln.

Potential noch nicht ausgeschöpft
Die Resultate sind in der Studie „Multichannel Excellence Europe. Customizing adds the Magic!“ zusammengefasst. Das Ergebnis: Die Branche schöpft noch lange nicht das volle Potential aus, nur wenige Unternehmen erreichen „Multichannel Excellence (MCEx)“. Dazu gehören ein individuelles Verständnis für den Bedarf und die Präferenzen des einzelnen Arztes und das Wissen, wo ein integrierter Ansatz der Nutzung der geeignetsten Kanäle für jeden Arzt zu einem individuellen „optimalen nächsten Angebot“ führt. Während Marketingexperten anfangen, das Potenzial von MCEx zu erkennen und zu nutzen, stoßen sie in ihren Unternehmen oft noch auf organisatorische Hindernisse, etwa durch die Dominanz des klassischen Pharmavertriebs. Gesetzliche Hürden spielen, wenn rechtzeitig angegangen, dagegen kaum eine Rolle: Multichannel-Konzepte lassen sich durchaus mit gesetzlichen Rahmenbedingungen wie etwa dem Datenschutz in Einklang bringen.

Veränderungen betreffen alle Bereiche der Unternehmen
„Die weltweite Pharmaindustrie ist auf dem Weg von der Blockbuster- hin zur Outcome-Ära, in der es darum geht, den Zusatznutzen neuer Medikamente nachzuweisen. Die dadurch nötigen Veränderungen betreffen alle Bereiche der Unternehmen von Forschung & Entwicklung, Marktzugang bis hin zu Marketing und Vertrieb“, sagt Dr. Axel Sinner, Leiter des Kompetenzzentrums Pharmaceuticals & Life Sciences Commercial bei Camelot Management Consultants. „Die klassischen auf dem Vertrieb durch Pharmareferenten basierenden Geschäftsmodelle werde künftig nicht mehr ausreichen, um Ärzte zu erreichen.“ Auch das Pharma-Marketing muss sich neben dem reinen Erzeugen von Aufmerksamkeit daher künftig stärker darauf konzentrieren, einen konkreten Nutzen zu bieten. „Dieses Konzept bezeichnen wir als Multichannel Excellence – mit dem Ansatz des individuell abgestimmten „optimalen nächsten Angebots“ (next-best offer) über eine orchestrierte Mischung der individuell am besten passenden und bevorzugten Kanäle.“

Strenge Vorschriften und Regulierungen auf nationaler sowie auf EU-Ebene sind eine ständige Herausforderung für das Pharma-Marketing. „Die europäische Richtlinie 2001/83/EC schafft die Rahmenbedingungen für Produktwerbung in diesem Sektor und wurde EU-weit in die nationale Gesetzgebung integriert“, sagt Dr. Wolfgang A. Rehmann, Partner und Leiter der Pharma & Life Sciences Praxis bei Taylor Wessing. „Dennoch existieren zahlreiche andere Regulierungen, die Einfluss auf die Implementierung eines Multichannel Excellence-Konzepts nehmen, wie Datenschutzvorschriften, deontologische und ethische Regeln sowie Werbungs- und Wettbewerbsvorschriften.“ In der Gemeinschaftsstudie „Multichannel Excellence Europe. Customizing adds the Magic!“ identifizieren Camelot Management Consultants und Taylor Wessing daher nicht nur essentielle Organisationsstrukturen und Prozesse, um Multichannel Excellence (MCEx) zu erreichen, sondern auch die rechtlich nötigen Rahmenbedingungen.

Timing, Inhalt und Kanal
Die Studienteilnehmer geben einstimmig an, dass Ärzte, die Besuchen von Pharmareferenten kritisch gegenüberstehen, meist wesentlich besser durch eine geschickte Mischung anderer - etwa digitaler - Kanäle erreicht werden können. „Pharma-Konzerne haben den Paradigmenwechsel erkannt und decken den Informationsbedarf der Ärzte heute sehr viel individueller über die von ihnen präferierten Kanäle und mit den von ihnen gewünschten Inhalten“, sagt Sinner. „Allerdings erfassen viele Pharmaunternehmen die jeweiligen Präferenzen einzelner Ärzte noch nicht aktiv über ein systematisches Multichannel Marketing. Mehr als 90% der Befragten gehen daher davon aus, dass sie wertvolle Kontakte und damit mögliche Überzeugungsmöglichkeiten noch nicht nutzen.“ Rehmann fügt hinzu: „Bei Multichannel Marketing geht es nicht nur um Reichweite: Die grundlegende Prämisse von Multichannel Marketing ist es, Ärzte über ihre jeweils bevorzugten Kanäle zu erreichen. Dabei ist das Gesamtangebot entscheidend aus Timing, Inhalt und Kanal.“

Aktuell bestehen wesentliche organisatorische Hürden in den Pharmaunternehmen, die ein ganzheitliches Multichannel Marketing behindern. Mehr als zwei Drittel der befragten Experten geben beispielsweise an, die Haupthürde für ein vollintegriertes Management aller Marketing- und Vertriebskanäle seien die herrschende Dominanz des Pharmavertriebs sowie eine geringe funktionsübergreifende Zusammenarbeit der unterschiedlichen Unternehmensbereiche. „Transformation und Change Management in den Unternehmen sind eine Voraussetzung um Multichannel Excellence zu erzielen“, sagt Sinner. Eine weitere Grundvoraussetzung ist die individuelle Kenntnis der einzelnen Ärzten und die Fähigkeit, diese Kenntnis zur Bestimmung des „optimalen nächsten Angebots“ für verschiedene ärztliche (Mikro)segmente – oder idealerweise sogar für einzelne Ärzte – zu nutzen. „Mehr als 70% der Umfrageteilnehmer sagen, dass ihre Unternehmen die verfügbaren Daten noch nicht optimal als verwertbare Erkenntnisse für die gezielte Betreuung der Ärzte verwenden können“, sagte Sinner. Die Branche muss ihren Fokus daher auf das Verständnis des Verhaltens und die Präferenzen der Ärzte schärfen, um den Kundenkontakt aktiv zu analysieren und zu managen.

Gesetzliche Rahmenbedingungen ein Hindernis
Mit 82% sieht ein Großteil der Befragten auch in der Komplexität der gesetzlichen Rahmenbedingungen ein Hindernis für Multichannel Marketingkonzepte. „Dabei lässt sich Compliance mit den gegebenen und aufkommenden gesetzlichen Rahmenbedingungen durchaus herstellen“, sagt Rehmann. „Die rechtlichen Risiken von Multichannel Marketingkonzepten sind gut beherrschbar, wenn sie bereits in der konzeptionellen Phase entsprechend berücksichtigt werden“. Das Ziel von Multichannel Excellence ist es, die Kenntnis über die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben eines Arztes in einen relevanten Dialog zu überführen. Je relevanter und individuell passender ein Angebot ist, desto eher ermöglicht es Kommunikation und eine Reaktion der Gegenseite. Sinner: „Das Erfolgsgeheimnis für Exzellenz im Multichannel Marketing liegt in den drei Ks: Kundenkenntnis, konsistente Kampagnen und Kanalorchestrierung.“

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