Interview: Fälschungssichere Codierung nach EU-Richtlinie

Implementierung durch ein Komplettsystem

Reinhold van Ackeren Mettler-Toledo

Der Countdown läuft: Bis spätestens 2018 müssen Pharmaunternehmen die Vorgaben der EU-Richtlinie 2011/62/EU zur Fälschungssicherheit umgesetzt haben. Mettler-Toledo PCE präsentiert jetzt ein Komplettsystem, das die neuen Sicherheitsvorgaben zur Serialisierung und Versiegelung bereits beherrscht. Reinhold van Ackeren, Head of Marketing & Product Management bei Mettler-Toledo PCE in Zwingenberg, erklärt im Interview mit pharmaindustrie-online.de, wie Pharmaunternehmen die neuen Vorgaben effizient implementieren und warum sich das jetzt schon lohnt.

Herr van Ackeren, die EU-Richtlinie 2011/62/EU soll Medikamentenfälschern das Leben schwer machen. Verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen über eine Seriennummer und einen Verpackungsschutz verfügen. Für beides ist der Hersteller verantwortlich. Wie geht er das am besten an?

Der Pharmahersteller muss in der Lage sein, gemäß den Vorgaben einzigartige Seriennummern auf die Verpackung zu drucken und zusätzlich Maßnahmen ergreifen, die die Verpackung selbst vor Manipulation schützen. So soll verhindert werden, dass gefälschte oder veränderte Medikamente in die Distributionskette gelangen.

Was verlangt die Richtlinie im Detail von der Pharmaindustrie?

Laut 2011/62/EU muss jede einzelne Pharmaverpackung in Zukunft eindeutig identifizierbar sein. Dies soll eine fälschungssichere Codierung auf der Verpackung gewährleisten. Konkret wird das der Aufdruck einer einzigartigen Seriennummer und eines maschinenlesbaren Datamatrix-Codes leisten. Die Vorgabe gilt für alle verschreibungspflichtigen Medikamente, mit Ausnahme von einigen Präparaten, die als nicht fälschungsgefährdet gelten und EU-weit in einer White List definiert sind. Apotheken, Krankenhäuser und Händler können anhand der Serialisierung überprüfen, ob ein Erzeugnis legal produziert wurde und tatsächlich das erste Mal über den Ladentisch wandert.

Gibt es noch weitere Vorgaben zum Manipulationsschutz zu beachten?

Zusätzlich verlangt die EU-Kommission an jeder Verpackung eine Vorrichtung zur Erkennung einer möglichen Manipulation. Die EU-Richtlinie geht hierzu nicht weiter ins Detail. Ein Normenausschuss der EU hat deswegen ergänzend zur Richtlinie in der CEN-Norm 16679 definiert, welche möglichen Vorrichtungen für den Manipulationsschutz geeignet sind.

Wie groß ist der Aufwand, der bei der Umstellung auf die Hersteller zu kommt?

Unternehmen können mit überschaubarem Aufwand die Compliance herstellen: Unser neues Komplettsystem, die XMV-TE, ist dafür ausgelegt, exakt diese beiden Maßnahmen, Serialisierung und Tamper Evidence, im Werk zu realisieren. Und das mit möglichst geringem Platzbedarf. So können Hersteller mit nur einem Implementierungsschritt die Compliance mit der EU-Richtlinie sichern. Der innovative Tamper Evidence Mechanismus der XMV-TE folgt zudem den Vorgaben der Norm EN 16679: Das System bringt über jede Lasche ein transparentes Siegel mit Perforationsline auf. Ein spezieller Leim verschweißt das Siegel unablösbar mit dem Karton. Beim Öffnen ergibt sich entlang der Perforation eine eindeutige Bruchstelle, die man nicht mehr zusammenfügen kann. Ist das Siegel intakt, ist der Inhalt folglich unangetastet.

Welche Komponenten stecken in dem Kennzeichnungssystem? Und wie viel Platz benötigt es bei der Integration in die Linie?

In der XMV-TE steckt zunächst ein branchenführendes Inkjet-Beschriftungssystem, das auf jede einzelne Pharmaverpackung die individuelle Seriennummer aufdruckt. Dahinter befindet sich eine Smart Kamera, die den soeben aufgedruckten Code verifiziert. Sie gleicht den tatsächlichen Aufdruck mit dem Soll-Wert ab und meldet die verwendete Seriennummer zurück an das Gesamtsystem. Das nachfolgende Versiegelungsmodul verschießt die Laschen mit dem transparenten Tamper Evidence Siegel. Am Ende des Systems haben wir ein Ausschleussystem integriert, das alle fehlerhaften Verpackungen aussortiert und sammelt.

Das ganze System ist nur 1,5 Meter breit und passt somit auch in Produktionsstätten, die schon am Rande ihrer räumlichen Kapazitäten arbeiten. Die einzelnen Komponenten arbeiten genau aufeinander abgestimmt. Wir haben das Gehäuse sehr alltagstauglich und mit Blick auf effiziente Abläufe gestaltet: Die Komponenten sind über eine transparente Abdeckung nach dem Brottrommel-Prinzip geschützt und für Wartung oder Reinigung dennoch schnell zugänglich. Die Spulen für die Tamper Evidence Etiketten und das Trägermaterial sind von einer Seite zugänglich. Solche konstruktiven Maßnahmen machen die tägliche Arbeit leichter und tragen zu schnellen Produktwechseln bei.

Im Laufe des Jahres werden die Delegierten Rechtsakte, also die konkreten Umsetzungsempfehlungen zur Fälschungsrichtlinie erwartet. Drei Jahre später, 2018, gelten diese Vorgaben verpflichtend. Könnte ich als Hersteller nicht noch eine Weile die Hände in den Schoß legen und abwarten?

Sobald die Vorgaben im Jahr 2018 greifen, darf kein verschreibungspflichtiges Arzneimittel mehr ohne Serialisierung und Tamper Evident Sicherung über den Verkaufstisch wandern. Wer sich nicht rechtzeitig vorbereitet, gefährdet also akut seine Lieferfähigkeit ab diesem Zeitpunkt. Lagerbestände und Arzneimittel, die noch haltbar, aber noch nicht serialisiert sind, müssen ab 2018 teuer umverpackt werden. Es ist also kein Wunder, dass insbesondere große Player am Markt bereits umgestellt haben. Mit unserem Komplettsystem XMV-TE können wir der Pharmaindustrie jetzt eine schlanke Lösung vorlegen, mit der sie die Vorgaben der EU-Richtlinie leicht für sich realisieren. Wer jetzt umstellt, ist auf der sicheren Seite – und spart sich später viele Kosten, Hektik und Aufwand.