Weg zum Corona-Impfstoff führt auch über Sachsen-Anhalt

IDT Biologika in Dessau-Roßlau ist auf Entwicklung und Herstellung viraler Impfstoffe spezialisiert

IDT Biologika: Zell- und Virusvermehrung in Einwegbioreaktoren

Weltweit forschen Menschen an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen den neuen Coronavirus. Auch das Unternehmen IDT Biologika in Sachsen-Anhalt ist daran beteiligt. Nach Angaben der WHO sollen weltweit 41 Impfstoffentwicklungen gegen das Coronavirus angelaufen sein. Erste Tests stehen jetzt an. Forscherinnen und Forscher arbeiten unter Hochdruck. Doch die Entwicklung eines Impfstoffs ist sehr zeitaufwendig. Also ist Geduld gefragt, denn ein Impfstoff muss wirksam sein - also tatsächlich vor der Krankheit schützen. Und er muss sicher sein - das bedeutet, er darf keine Gesundheitsschäden verursachen,  muss also ausreichend getestet werden. IDT Biologika soll auch das Material für die präklinische Prüfung eines möglichen Corona-Impfstoffes produzieren.

Das mittelständische Unternehmen am Zukunftsort Biopharmapark Dessau-Roßlau gehört zur Klocke-Gruppe und ist ein weltweit angesehener Partner von der Auftragsentwicklung bis zur kommerziellen Produktion humaner Impfstoffe und Biopharmazeutika. Die IMG Sachsen-Anhalt, die das Unternehmen im Auftrag des Landes seit Jahren auf ihrem Wachstumskurs begleitet, sprach mit IDT-Geschäftsführer Dr. Jürgen Betzing.

Auftragsentwicklung und Fertigung von viralen Impfstoffen

„Es ist nicht ungewöhnlich, dass Viren vom Tier auf den Menschen überspringen. Das ist ein Prozess, der unsere Evolution fortlaufend begleitet. Allerdings sorgt unser globales Leben für eine rasante Ausbreitung solcher Infektionen, wie wir sie jetzt mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 erleben“, sagt Dr. Andreas Neubert, verantwortlich für den Entwicklungsbereich der IDT Biologika GmbH im Biopharmapark Dessau-Roßlau. „Der Bedarf an neuen innovativen Impfstofftechnologien ist weltweit groß“, ergänzt IDT-Geschäftsführer Dr. Jürgen Betzing. „Dass sich neu auftretende hochansteckende Infektionskrankheiten wie Covid-19 plötzlich zu Pandemien ausweiten, ist schwer zu verhindern. Aber die Diagnostik ist mittels neuer Technologien sehr gut. Man kann viel schneller reagieren als früher.“

Die IDT Biologika mit einem weiteren Standort in Rockville, Maryland hat sich strategisch auf die Auftragsentwicklung und Fertigung von viralen Impfstoffen, Gen- und Immuntherapeutika und Biologika ausgerichtet. In Magdeburg betreibt die IDT ein Technikum zur Prozess-Entwicklung von Humanimpfstoff-Technologien. Das ist in räumlicher Nähe zu Forschungspartnern an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und dem Uniklinikum wie auch am Max-Planck-Institut angesiedelt. Geschäftsführer Betzing spricht von weltweitem Vertrauen, das den spezialisierten interdisziplinären Teams und den hochqualitativen Serviceleistungen der IDT seitens der Biopharmabranche und wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen entgegengebracht wird.

Corona-Impfstoff für Studien

Bei neuartigen infektiösen Erkrankungen, so Entwicklungsleiter Neubert, gehe es zunächst darum, sie epidemiologisch und immunologisch zu verstehen. Mit diesem Ziel werden weltweit Forschungen, präklinische und klinische Studien auch unter der Beteiligung der IDT Biologika durchgeführt. Demnächst soll das Dessauer Unternehmen einen vektorbasierten Impfstoff produzieren, der für klinische Studien gegen das neue Coronavirus verwendet wird. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung DZIF, die Ludwig-Maximilians-Universität München, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und die Phillips Universität Marburg arbeiten auf der Basis eines rekombinanten „Modifizierten Vaccinia-Virus Ankara“. MVA ist ein für den Menschen harmloses Trägervirus, das bei Impfungen eingesetzt wird.

Was die Entwicklung und Produktion von Wirkstoffen gegen Lungenerkrankungen betrifft, ist die IDT schon seit Jahren ein kompetenter Partner für global agierende Firmen. Das Unternehmen hat z.B. eine eigene Zelllinie für die Produktion des Mers-Impfstoffes entwickelt. Mers geht auf ein Coronavirus zurück, das mit dem jetzt auftretenden SARS-CoV-2 entfernt verwandt ist. Des Weiteren entwickelt und produziert die IDT Biologika im Auftrag des National Institute of Allergy and Infectious Diseases Niaid in den USA Material für klinische Studien und Zulassungsanträge des RSV-Impfstoffes. Das Respiratorische Synzytial-Virus verursacht Erkrankungen der Atemwege und Lunge vor allem bei Kindern unter zwei Jahren.

Neues Produktionsgebäude

Die IDT Biologika hat sich mit seiner beinahe 100 Jahre gewachsenen Kompetenz eine weltweite Führungsrolle in der Biopharmabranche erobert. Seinen Ursprung hat es in dem 1921 gegründeten Bakteriologischen Institut der Anhaltischen Kreise. In den Folgejahren wurden in verschiedenen neufirmierten Instituten Seren zur passiven Immunisierung von Mensch und Tier sowie Impfstoffe zur Seuchenabwehr produziert. 1993 privatisierte die Klocke-Gruppe das Unternehmen unter dem Namen Impfstoffwerk Dessau-Tornau (IDT). Seitdem wurden 440 Millionen Euro in den Standort in Sachsen-Anhalt investiert.

2019 konnte im Biopharmapark Dessau-Roßlau nach nur einjähriger Bauzeit ein neues multifunktionales Produktionsgebäude für virale Impfstoffe eingeweiht werden. „Die Investition in zweistelliger Millionenhöhe war eine richtige Entscheidung angesichts des wachsenden Marktes und der Anforderungen unserer Kunden“, sagt IDT-Geschäftsführer Betzing und meint neben den erweiterten Produktionskapazitäten vor allem auch die flexiblen Produktionsbedingungen. Gerade die gegenwärtige Corona-Pandemie zeige, wie schnell man sich einer gegebenen Situation und den daraus resultierenden Marktanforderungen anpassen müsse.

Sars-CoV-2 entschlüsseln

Mit dem neuen Produktionsgebäude verfügt die IDT über hochmoderne Arbeitsplätze im forschungsintensiven Bereich der Humanvirusproduktion. „Wir bewegen uns in Märkten, die nicht jeder bedienen kann und streben hier eine weltweite Führungsrolle an“, sagt Jürgen Betzing. „Auch die Zusammenarbeit mit vielen Partnern weltweit macht uns stark und flexibel.“ Entwicklungsleiter Andreas Neubert kommt in diesem Zusammenhang nochmals auf das Coronavirus zu sprechen. Seit etwa 50 Jahren schon würden einzelne Corona-Stämme beim Tier erforscht. Daraus resultierende Erkenntnisse helfen jetzt den Experten, SARS-CoV-2 zu entschlüsseln.

Ein zugelassener Corona-Impfstoff für den weitreichenden Einsatz stehe laut Weltgesundheitsorganisation dennoch erst in zirka 18 Monaten zur Verfügung. „Wir sind für dessen Produktion und Abfüllung gut aufgestellt“, stellt IDT-Geschäftsführer Jürgen Betzing in Aussicht.

Autorin: Kathrain Graubaum
 

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