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Übersichtsbeitrag: Ist die Pharmaindustrie bereit für KI?

Mehrheit der Unternehmen erst noch am Anfang

Modernes Labor mit KI im Einsatz

Die KI entwickelt sich aktuell so schnell, dass nahezu täglich neue Anwendungen auf den Markt kommen. Dies betrifft nicht nur Software-Anwendungen, sondern auch Hardware. Diese Weiterentwicklung der Hardware eröffnet wiederum Möglichkeiten für leistungsfähigere Software-Anwendungen. Somit befinden wir uns heute zweifellos im Zeitalter der KI. Zusätzlich suchen KI-Forscher und -Wissenschaftler fortlaufend nach neuen Anwendungsfällen, um ihre Technologien und Methoden einzusetzen. Die Hoffnung ist, mehr Wert aus den Prozessen auszuschöpfen. Diese Suche erstreckt sich auf alle Bereiche der Industrie, einschließlich der Pharmaindustrie.

Relevante KI-Bereiche in der Pharmaindustrie

Die Anwendung von KI in der Pharmaindustrie sieht vielversprechend aus. Obwohl diese Technologie das Potenzial hat, alle Bereiche der Pharmaindustrie zu revolutionieren, gibt es tatsächlich drei wichtige Bereiche [1], die besondere Aufmerksamkeit verdienen. Diese Bereiche sind:

  • Lieferkette
  • Qualitätsprüfung und -sicherung
  • Optimierung des Fertigungsprozesses

Es lohnt sich hier zu erläutern, warum genau diese drei Segmente in der Pharmaindustrie im Fokus stehen sollten.

Lieferkette

Die Optimierungsmöglichkeiten der Lieferketten in der Pharmaindustrie betreffen u.a. Lieferkühlketten, Lagerverwaltung, Generierung von Bestellungen, Prognose von Verbrauch, Lagerverwaltung, Lieferantenrisikomanagement. Darüber hinaus kann KI-Technologie deutsche Unternehmen dabei unterstützen, die regulatorischen Anforderungen einfacher zu erfüllen, z.B. im Fall des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG), das ab 1. Januar 2024 Unternehmen ab 1.000 Arbeitnehmenden erfasst. Das LkSG trifft indirekt auch Unternehmen mit wenigen Arbeitnehmenden, da die vom Gesetz betroffenen Unternehmen die Vorgaben an ihre Lieferanten weitergeben werden müssen, damit sie alle Lieferkettendaten erhalten können.

Qualitätsprüfung und -sicherung

Die Pharmaindustrie ist bekannt als eine der Industrien mit den striktesten regulatorischen Anforderungen. Daher sind die Prozesse bei der Qualitätsprüfung und -sicherung lebensnotwendig für alle Unternehmen. Die Dokumentation ist hier der Beweis intern und vor anderen Organisationen, dass die Prozesse und Produkte die gewünschte Qualität haben. KI kann dabei helfen, die Effizienz und Genauigkeiten zu erhöhen, Kosten zu reduzieren und die Produktqualität zu verbessern. Ein typischer Anwendungsfall wäre hier die intelligente Automatisierung der Erstellung von Dokumentationen.

Optimierung des Fertigungsprozesses / Produktion

Unternehmen suchen ständig nach Optimierungsmöglichkeiten bei der Produktion, die zu kürzeren Ausfallzeiten, höherer Produktion und höherer Produktqualität führen können. Dank IoT können Produktionsdaten aus der ganzen Produktion gesammelt werden. Diese Daten können von KI analysiert werden. Aus dieser Analyse gewonnenen Schlussfolgerungen helfen dabei, die Effizienz in der Produktion zu steigern. Auch die Identifizierung der wichtigsten Produktionsparameter, die Automatisierung von manuellen Aufgaben, das Monitoring der Prozesse, die Reduktion des Energieverbrauches und die Erkennung von Auffälligkeiten sind besser erreichbar durch die Anwendung der KI-Technologie.

Warum wird Data & KI lebensnotwendig für die Pharmaunternehmen?

Viele Unternehmen haben bereits große Erfolge mit KI erzielt. Trotzdem nutzen die Mehrheit der Pharmaunternehmen KI noch nicht oder ihre Verwendung ist erst noch am Anfang. Die Gründe dafür sind, dass die Prozesse in den verschiedenen Bereichen wenig digitalisiert sind, die Daten nicht vollständig sind oder nicht im richtigen Format vorliegen. Die Mehrwerte der Anwendung von KI werden mit der Zeit zunehmen, da die KI-Technologie sich explosionsartig weiterentwickelt. Daher kann man mit großer Sicherheit sagen, dass Unternehmen in der Zukunft ohne KI nicht mehr im Markt wettbewerbsfähig sein werden.

Eine neue Art von Unternehmen zeigt das Potenzial von KI in einer anderen Dimension auf. Recursion Pharmaceuticals und Schrödinger sind Beispiele dafür. Beide Unternehmen spezialisieren sich auf die Entwicklung von Medikamenten mit Hilfe von KI. Ihre Forschungen könnten die Pharmaindustrie revolutionieren. Und dann gibt es weitere Entwicklungen von NVDIA in diesem Bereich. Am 18. März 2024 hat NVIDIA zwei Dutzend Microservices für die HealthCare-Industrie in den Markt gebracht. Damit sollen die Arzneimittelentwicklung, Medical Imaging, Analysis von Genomen, u.a. durch KI unterstützt werden [3, 4].

Was müssen Pharmaunternehmen tun, um sich auf Data & KI vorzubereiten?

Data Vision

Das häufigste Problem auf dem Weg zu einem Daten- und KI-getriebenen Unternehmen lässt sich auf eine fehlende oder unklare strategische Entscheidung des Unternehmens zurückführen. Es könnte daran liegen, dass Unternehmen noch nicht den Wert erkennen, Daten- und KI-getrieben zu sein. Das zeigt sich in fehlendem Budget und Mitwirkung von Stakeholdern. Die Entwicklung der Data Vision des Managements ist der Schritt null, denn er ist eine notwendige Voraussetzung, um überhaupt den ersten Schritt gehen zu können. Eine Data Vision wird dann entstehen, wenn die Unternehmensführung davon überzeugt ist, dass KI zu den wirtschaftlichen Zielen beitragen kann und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit notwendig ist.

Kulturwandel

Um einen echten Wettbewerbsvorteil durch KI zu erreichen, ist diese Technologie prozessnah einzusetzen. Das stellt sicher, dass Anwender eine echte Verbesserung in der täglichen Arbeit erfahren und in den Prozessen eine deutliche Optimierung messbar wird. Diese Prozessnähe erfordert allerdings ein Umdenken, denn KI wird somit nicht mehr nur in einer zentralen IT-Organisation entwickelt, sondern auch von den Fachbereichen selbst. Dies erfordert einen Kulturwandel im gesamten Unternehmen, bei dem eine synergetische Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und IT notwendig ist.

Strategie & Organisation

IT-Einheiten von Unternehmen, welche aktuell häufig die Verantwortung für die Entwicklung von KI-Modellen in Unternehmen haben, haben einen besonderen Vorteil: Sie bündeln und konzentrieren die Kompetenzen, die es für den spezifischen Anwendungsfall in einem Pharmaunternehmen braucht. Eine Strategie über richtige und priorisierte Anwendungsfälle, die immer auf den Fachbereich und deren Prozesse zugeschnitten sein sollte, hilft dabei einen spürbaren Wettbewerbsvorteil zu erreichen. Dafür ist aber erstmal eine unternehmensweite Anpassung notwendig. In anderen Wörtern: Bevor eine Organisation tatsächlich bereit für KI ist und damit den häufig vorhergesagten Schub in Produktivität und Effizienz erreicht, ist eine strategische und organisatorische Transformation notwendig.

Fähigkeiten & Kompetenzen

Im Vergleich zu bisherigen IT-Entwicklungstätigkeiten erfordert die Nutzung von Daten und KI neue Kompetenzen. Die Entwicklungsprozesse unterscheiden sich grundlegend von denen klassischer IT-Anwendungen. Nicht nur IT-Organisationen benötigen diese neuen Kompetenzen, sondern auch Fachbereiche müssen entsprechende Rollen etablieren. Die organisatorische Transformation muss sich daher in den Fähigkeiten im Unternehmen widerspiegeln. Dies kann durch natürliche Fluktuation oder Weiterbildung des bestehenden Personals erfolgen. Die Anzahl und Seniorität der benötigten Kompetenzen richten sich nach der anwendungsfallorientierten Strategie.

Eine Cloud KI-Plattform

Eine KI-Plattform bildet das technologische Rückgrat für datengetriebene Entscheidungen und KI-Anwendungen im Unternehmen. Sie umfasst Tools und Infrastruktur für Datenmanagement, Datenanalyse, Modellentwicklung und -bereitstellung sowie für die Integration von KI in bestehende Geschäftsprozesse. Die Nutzung der Cloud ist dabei zu empfehlen, denn sie bietet die Nutzung vorgefertigter KI-Modelle, schnellere Entwicklungszyklen und dadurch einen höheren ROI. Hinzu kommen bessere Tools zur Verwaltung und Verarbeitung der Daten, die KI-Modelle benötigen.

Fazit

Das Zeitalter der KI verspricht unzählige Vorteile für Unternehmen in der Pharmaindustrie. Täglich werden neue KI-Tools entwickelt, und sowohl Software als auch Hardware werden kontinuierlich optimiert. Die Frage, ob die Pharmaindustrie bereit für KI ist, lässt sich nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. Es gibt sicherlich Anwendungsfälle, die schnell mit KI optimiert werden können. Entscheidend ist jedoch, dass jedes einzelne Unternehmen sich jetzt bereit macht. Dafür ist sowohl eine digitale als auch kulturelle Transformation notwendig. Diese beinhaltet die Themen Data Vision, Kulturwandel, Strategie & Organisation, Fähigkeiten & Kompetenzen, und eine Cloud AI-Plattform.

Doch wie sieht es mit der KI-Technologie aus? Ist die KI bereit für die Pharmaindustrie? Alle Fakten deuten auf ein klares Ja als Antwort hin. Die Pharmaindustrie und Behörden haben bereits sich ernste Gedanken darüber gemacht [2,5, 6]. Das bedeutet, dass eine kulturelle Transformation gerade stattfindet.

Autoren

Carlos Penafiel

Juan Carlos Peñafiel Suárez, Diplom-Ingenieur für Biotechnologie von der TU Berlin, ist als Senior-Berater im Bereich Life Sciences bei adesso tätig. Mit umfassender Erfahrung in Laborautomatisierung und Prozessoptimierung in der pharmazeutischen und biotechnologischen Industrie gilt er als anerkannter Experte auf diesem Gebiet. Zusätzlich verfasst er Fachartikel für diverse Zeitschriften mit Fokus auf dem Thema Labor.

Jakob Langwieder

Jakob Langwieder arbeitet bei adesso als Spezialist für die Anwendung von Data & AI in der Branche Pharma Life Sciences. Er entwickelt in dieser Funktion Konzepte für die Fragestellung, wie sich Unternehmen zu einem Daten- und KI getriebenen Unternehmen entwickeln können und welche organisatorische Transformation dafür notwendig ist. Nach dem Studium in Unternehmensführung und Leadership und Stationen in verschiedenen Beratungs- und Dienstleistungsfunktionen ist er nun für adesso als Business Development Manager tätig.

Quellen

● [1] https://www.uc.edu/news/articles/2024/03/pharmacy-times--how-ai-machine-learning-can-benefit-pharmaceutical-development-research.html

● [2] https://www.fda.gov/media/177030/download

● [3] https://www.cnbc.com/2024/03/24/nvidias-ai-ambitions-in-medicine-and-health-care-are-becoming-clear.html

● [4] https://nvidianews.nvidia.com/news/healthcare-generative-ai-microservices

● [5] https://www.ey.com/en_gl/newsroom/2023/07/ceo-confidence-in-artificial-intelligence-tempered-by-social-ethical-and-security-risks

● [6] https://www.fda.gov/media/167973/download
 

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Adesso