
Die Herstellung injizierbarer pharmazeutischer Wirkstoffe ist ein hochkomplexer Prozess, der keine Fehler zulässt. Doch auch in der Pharmabranche gilt: Alles ist einfacher, wenn die Chemie nicht nur im eigentlichen, sondern auch im übertragenen Sinne stimmt. Das haben die Syntegon-Tochter Pharmatec und Vetter Pharma-Fertigung bei der Installation eines neuen Erzeugers für gereinigtes Wasser (PW) im Zuge des Standortausbaus in Langenargen bewiesen. Gleichzeitig wurde der Grundstein für eine erweiterte Zusammenarbeit der beiden Unternehmen gelegt.
Vetter schafft Voraussetzungen für Wachstum
Vetter erlebt langfristiges Wachstum und eine beständig steigende Nachfrage. Um dieser gerecht zu werden, investiert das Unternehmen bereits seit Jahren in Portfolioerweiterungen und den Ausbau seiner Standorte. Einer dieser Standorte ist Langenargen, wo Vetter seit 1998 flüssige und lyophilisierte Produkte in Vials und Spritzen abfüllt. Derzeit verfügt das Werk über vier Abfülllinien, zwei weitere sollen zukünftig dazukommen. Doch dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: So braucht es beispielsweise genügend Reinstmedien wie Wasser oder Dampf, um die Linien zu beliefern und zu reinigen.
In Langenargen erzeugten vor Kurzem noch zwei Anlagen mit einem Gesamtvolumen von 15.000 Litern pro Stunde per Umkehrosmose gereinigtes Wasser (Purified Water, PW). War die größere der beiden Anlagen zu Sanitisierungszwecken außer Betrieb, konnte die kleinere den Bedarf an PW nicht mehr abdecken. Um die Produktionskapazitäten in Langenargen nicht nur abzusichern, sondern in Zukunft auch vergrößern zu können, brauchte Vetter einen weiteren PW-Erzeuger.
Reinstmedien in der pharmazeutischen Herstellung
In der Pharmaindustrie spielt PW eine zentrale Rolle – sowohl als Reinigungsmedium für Produktionsanlagen, Formatteile oder Behältnisse, als auch als Ausgangsstoff für die Herstellung weiterer Wasserqualitätsstufen wie hochgereinigtes Wasser (Highly Purified Water, HPW) und Wasser für Injektionszwecke (Water for Injection, WFI). Auch der für die Sterilisation benötigte Reinstdampf (Purified Steam, PS) wird aus PW hergestellt.
Die Anforderungen an die Qualität dieser Reinstmedien sind streng geregelt, etwa durch die Europäische Pharmakopöe (Ph. Eur.) oder durch die US-amerikanische Pharmakopöe (USP). Vetter geht noch einen Schritt weiter und setzt in Bezug auf die messbare Keimzahl im PW bewusst eigene, deutlich strengere Grenzwerte an, um maximalen Patienten- und Produktschutz zu gewährleisten. Daraus ergab sich auch eine Anforderung für das Projekt in Langenargen: Vetter war auf der Suche nach einem System, das PW in WFI-Qualität erzeugen kann.
Pharmatec meistert rigorosen Auswahlprozess
Dietmar Waizmann, Leiter System & Service Medien in Langenargen und bereits seit über 30 Jahren für Vetter tätig. Er kannte die Anforderungen an die PW-Erzeugung am Standort gut und begann einen sorgfältigen Auswahlprozess: „Wir haben ein sehr umfassendes Lastenheft angelegt“, erklärt Waizmann. „Das diente uns als Basis, um die Angebote verschiedener Hersteller genau unter die Lupe zu nehmen und mit unseren Anforderungen abzugleichen.“ Das System von Pharmatec überzeugte technisch, beispielsweise durch die Leistungsregelung, die sich automatisch an den Bedarf der Lagertanks anpasst und auch bei zwischenzeitlicher Leerung der Behälter eine schnelle Verfügbarkeit sicherstellt.
Zwar wies die Anlage gegenüber dem Wettbewerb trotz preislichem Vorteil eine längere Amortisationszeit auf, was vor allem auf die geringere Ausbeute zurückzuführen ist. Zudem hatte das Team um Dietmar Waizmann zu diesem Zeitpunkt noch keine Erfahrungen mit Pharmatec als Projektpartner sammeln können. Jedoch konnte das Team Vetter überzeugen, dass die Anlage langfristig stabiler und zuverlässiger läuft, wenn man sie nicht bis an ihre Grenzen bringt. Bereits nach dem ersten gemeinsamen Gespräch war Waizmann überzeugt, mit Pharmatec den richtigen Partner gefunden zu haben. Ausschlaggebend seien dafür nicht nur das sympathische Auftreten und die fachliche Expertise gewesen, sondern auch die Flexibilität und Bereitschaft, individuell auf die besonderen Gegebenheiten vor Ort einzugehen – insbesondere auf das eingeschränkte Platzangebot.
Pharmatec konstruiert System für Vetter nach Maß
Nick Eilenberger, Engineer Process Design und Leiter des Projekts seitens Pharmatec, erinnert sich: „Die zur Verfügung stehende Fläche war eigentlich zu knapp bemessen. Doch wenn es nötig ist, weichen wir auch gerne vom Standard ab.“ Bei einer Begehung vor Ort wurde der zur Verfügung stehende Platz und die bestehenden Anschlussmöglichkeiten genau vermessen und auf dieser Basis eine Anlage nach Maß konstruiert. Ein weiteres Platzproblem stellte sich dem Projektteam bei der Installation am Standort. Aufgrund des Baus eines neuen Produktionsgebäudes gegenüber war der Platz zur Anlieferung und Einbringung des neuen Systems beschränkt. „Wir haben den Rahmen einfach in zwei Teilen geplant, geliefert und vor Ort zusammengesetzt und montiert“, erläutert Eilenberger.
Der PW-Erzeuger, den Vetter sowohl zur Speisung der Destillationsanlagen zur Aufbereitung zu WFI als auch zur Reinigung von beispielsweise Formatteilen und Spritzenkörpern vor dem Autoklavieren verwendet, hat eine Kapazität von 10.000 Litern pro Stunde und beinhaltet mehrere Prozessstufen: Zunächst wird das Trinkwasser in einem Ionentauscher enthärtet. Mittels Umkehrosmose wird der Ionengehalt des enthärteten Wassers reduziert und ein Großteil der Keime und Endotoxine zurückgehalten. Anschließend wird per Membranentgasung der CO2-Gehalt gesenkt; danach folgen Elektrodeionisation und Ultrafiltration zur Entfernung restlicher Ionen, Keime und Endotoxine. Die komplette Anlage ist mit Heißwasser sanitisierbar.
Partnerschaft mit Zukunft zwischen Vetter und Pharmatec
Einmal installiert, verliefen Inbetriebnahme und Qualifizierung des neuen Systems reibungslos. „Nicht nur dabei wurden wir hervorragend von Pharmatec unterstützt“, berichtet Dietmar Waizmann. „Die gute Erreichbarkeit, die Flexibilität und die produktive und freundliche Zusammenarbeit haben mich wirklich beeindruckt. Die Chemie hat einfach gestimmt.“ Tatsächlich legte das erfolgreiche Projekt in Langenargen den Grundstein für die weitere Zusammenarbeit von Vetter und Pharmatec. Es folgten bereits zwei weitere PW-Erzeuger und Enthärter am Vetter-Standort in Ravensburg sowie zwei PW-Erzeuger mit integrierter Enthärtung im österreichischen Rankweil. Dietmar Waizmann ist sich sicher: „Pharmatec ist der richtige Partner für uns, um unseren Wachstumskurs fortzusetzen und die Pharmaindustrie der Zukunft gemeinsam zu gestalten.“
Hintergrundinformation zu Vetter
Mit über 75 Jahren Erfahrung, mehr als 7.000 Mitarbeitenden weltweit und Standorten in Europa, Asien und den USA ist Vetter eine der global führenden Contract Development and Manufacturing Organizations (CDMO) für injizierbare Wirkstoffe. Vetter unterstützt Pharmaunternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit umfassenden Fill-Finish-Services. Das Leistungsspektrum reicht von der klinischen Entwicklung über die aseptische Abfüllung und visuelle Kontrolle bis hin zur Montage komplexer Injektionssysteme. Auch Sekundärverpackung, analytische Qualitätskontrolle sowie die Unterstützung bei regulatorischen Fragestellungen gehören zum Angebot.
Autorin
Elke Droste, Area Sales Manager, Pharmatec