Pharma-Talk mit Volker Bluhm, Vertriebsleiter bei Bluhm Systeme, über Digitalisierung in der Kennzeichnungstechnik

Vom Reagenzglas zum Patienten

Volker Bluhm, Bluhm Systeme

Wenn sich Volker Bluhm nicht gerade um seine Koi-Karpfen im Garten kümmert oder Runden auf der Nordschleife dreht, ist der seit 2011 als Prokurist und Vertriebsleiter für die DACH-Region zuständige Betriebswirt bei Bluhm Systeme in Rheinbreitbach voll in seinem Element.
pharmaindustrie-online.de sprach mit ihm auf der Achema 2018 in Frankfurt am Main u.a. über Digitalisierungslösungen, die neue Geschäftsmodelle in der Kennzeichnungstechnik eröffnen und den Kundenservice neu definieren.

1) pharmaindustrie-online.de: Alle drei Jahre trifft sich die Prozesstechnik auf der Achema. Die wievielte Achema ist es für Sie und mit welchen Erwartungen sind Sie hier?

Für Bluhm Systeme ist es schon die zwölfte Achema, wir sind seit 1985 bereits Aussteller. Ich persönlich bin zum dritten Mal hier, weil ich 2012 die Verantwortung für den Vertrieb in Deutschland übernommen habe. Weil die Übergangsfrist für die EU-Fälschungssicherheitsrichtlinie im Februar 2019 ausläuft, ist diese Messe quasi die letzte Chance für Pharmaproduzenten, sich rechtskonform im Bereich Serialisierung und Fälschungsschutz aufzustellen. Deshalb haben wir für den Pharmabereich sehr hohe Erwartungen an diese Messe. Seit drei Jahren reden wir über die Umsetzung der EU-Verordnung. Die Nachfrage nach rechtskonformen Systemen ist nach wie vor hoch. Um auf den gesteigerten Bedarf reagieren zu können, hat Bluhm Systeme eine eigene Pharma-Produktionslinie geschaffen. Durch die optimierte Montage können wir schneller Bestellungen abarbeiten und haben so Lieferzeiten verkürzt.

2) pharmaindustrie-online.de: Bluhm Systems steht als Komplettanbieter für die Produktkennzeichnung von der Blisterverpackung bis zur Palette. Welche Neuheiten haben Sie in Frankfurt dabei?

Auf der Achema zeigen wir unseren mit hohem IP-Schutz ausgestatteten, modularen Etikettenspender Alpha HSM. Er ist die Grundlage für all unsere Etikettierlösungen und basiert auf Servoantriebstechnik sowie einer stabilen Bauweise. So kann das System mit einer sehr hohen Genauigkeit arbeiten. Als weiteres Highlight präsentieren wir hier den Tamper Evident-Etikettierer, der Pharmaverpackungen mit. einem Siegeletikett ein- oder beidseitig verschließt. Diese Art der Kennzeichnung wird ab 2019 zur Erfüllung der EU-Vorschrift zum Manipulationsschutz für alle verschreibungspflichtigen Medikamente eingesetzt. Mit bis zu 400 Verpackungen bzw. bis zu 70 Metern pro Minute halten wir so jeder Verpackungsanlage im Pharmabereich stand.

3) pharmaindustrie-online.de: Inwieweit spielt für Bluhm Systeme die Zusammenarbeit mit OEM-Partnern dabei eine Rolle?

Als Komponenten-Lieferant versuchen wir natürlich, uns fortlaufend einen größeren Marktzugang zu verschaffen. Dafür haben wir auch OEM-Partner ins Auge gefasst. Um dem Rechnung zu tragen, haben wir zu Jahresbeginn zwei Key Account Manager eingestellt, die sich ausschließlich dem Bereich OEM verschrieben haben. Nun können wir vermehrt Erstausrüster ansprechen, die unsere Maschinen integrieren. Damit haben wir volle Gestaltungsfreiheit bei den Produkten und können uns auf die Wünsche der Partner voll einlassen. Unsere Bereitschaft unseren Standard an die Bedürfnisse des Partners anzupassen, sehen wir als unsere große Stärke an.   Man braucht für diese Art der Zusammenarbeit KAMs, die sich für mehr als einen Besuch Zeit nehmen, um zum Erfolg zu kommen. Es ist kein spontanes Geschäft, sondern bedarf einer längerfristigen Entwicklungszeit. Aber wir sehen hier sehr großes Potential auf dem weltweiten Markt, das wir nutzen wollen.

4) pharmaindustrie-online.de: Die Digitalisierung macht auch im Kennzeichnungsbereich nicht halt. Inwieweit stehen bei Bluhm Systeme diese Themen im Fokus?

Digitalisierung ist ein enorm wichtiges Thema für uns. Alle unsere Systeme sind darauf ausgelegt, dass sie in Clouds integrierbar sind. Wir bieten für unsere Maschinen auch Cloudservices an, bei denen der Kunde uns einen informativen Zugriff gewährt. So können wir sehen, wie es dem System geht und helfen, die Betriebssicherheit zu steigern. Aus den Daten lassen sich kritische Zustände ableiten. Wir erkennen, wann Wartungen fällig sind oder Verbrauchsmaterial zur Neige geht. Über die Einbindung in der Cloud können wir proaktiv Maßnahmen ergreifen, bevor ein Produktionsstillstand passiert.

Ein ganz neues Thema ist Augmented Reality. Mit einer VR-Brille arbeiten wir mit dem Kunden zusammen am System, ohne dass einer unserer Techniker vorbeigeschickt werden muss. Die Kollegen an der Hotline sehen das, was auch der Kunde sieht. So lassen sich größere Distanzen überbrücken und wertvolle Zeit sparen. Der Kunde erhält hier sofort Hilfe.

Gerne möchte ich auch noch die automatische Umstellung von Produktionsprozessen erwähnen. Es wird immer mehr automatisiert, alle Teile sind integrierbar und lassen sich über das ERP-System des Kunden ansteuern. Dem Bediener werden über Rezeptdatenbanken Vorgaben gemacht, so dass einfach weniger Fehler gemacht werden.

Seit 2011 treiben wir den Digitalisierungsbereich in allen Facetten aktiv voran. Man sieht in letzter Zeit verstärkt die Nachfrage nach präventiven Services. Die Hemmungen, Daten in die Cloud zu übertragen, lassen spürbar nach. Vorausgesetzt, man ist als Anbieter vertrauenswürdig und sichert dem Kunden zu, dass er der Herr seiner Daten bleibt.

In diesem Zusammenhang entwickeln sich auch neue Geschäftsmodelle. Beispielsweise ermöglicht der Datenzugriff Optionen wie Pay per Print oder Pay per Code. Hier müssen die Kunden den Drucker oder Laser nicht mehr kaufen, sondern zahlen für die aufgebrachte Codierung. So lassen sich für das Leasing bereits im Vorfeld die Kosten für Druck oder Code eruieren, die dann monatlich in Rechnung gestellt werden. Für den Kunden bedeutet das auf der einen Seite niedrigere Investitionen und eine höhere Liquidität. Andererseits kann er schneller auf aktuelle Technik umsteigen und so vom Fortschritt profitieren.

5) pharmaindustrie-online.de: Zum Abschluss eine private Frage: Geschwindigkeit spielt nicht nur in der Produktion eine entscheidende Rolle. Hand aufs Herz zur Nordschleife: Geben Sie uns Ihre beste Rundenzeit preis?

Der Motorsport auf der Nordschleife ist für mich ein guter Ausgleich zum Job. Man ist komplett woanders und kann gut abschalten, das gilt auch für mein zweites Hobby: meine Koi-Karpfen. Der Spaß steht bei beiden Freizeitaktivitäten im Vordergrund. Mein jüngerer Bruder und ich fahren ohne Rundenzeiten. Wir nutzen auch unsere eigenen Autos, da sollte möglichst nichts kaputt gehen. Wichtig ist der Kontrast zur Arbeit. Motorsport ist laut und schnell. Die Kois bringen absolute Ruhe. Wir haben einen sehr großen Teich, es macht Spaß, die Tiere mit ihren schönen Farben dabei zu beobachten, wie sie sich entwickeln. Aber auch hier: Kein übertriebener Ehrgeiz zur Zucht, einfach nur Vergnügen. Die Firma befindet sich dann mittendrin, zwischen den beiden Extremen.

Hin und wieder nutze ich den Motorsport, um Kundenkontakte zu festigen. Da muss schon eine Vertrauensbasis herrschen, wenn man gemeinsam über die Nordschleife fährt. Die lässt sich wunderbar aufs Geschäftliche übertragen.

pharmaindustrie-online.de: Herr Bluhm, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!