Pharma-Talk mit Katja Schnitzler von Gerresheimer über Nachhaltigkeit

„Vom Reagenzglas zum Patienten“

Katja Schnitzler, Gerresheimer

Gerresheimer ist im Mai 2021 dem Global Compact der Vereinten Nationen beigetreten. Im Interview mit pharmaindustrie-online.de beschreibt Katja Schnitzler, Group Senior Director EHS CSR OPEX bei Gerresheimer, welche Anstrengungen das Unternehmen unternimmt, um seine Produkte und Lösungen für die Aufbewahrung, Verabreichung und Anwendung von Medikamenten und Kosmetika nachhaltiger zu gestalten. Es geht darum, den Energieverbrauch und damit CO2-Emissionen zu reduzieren, aktiv Kreislaufwirtschaft in Prozesse zu integrieren und auch die Menschen in den Fokus der Gerresheimer-Unternehmensstrategie zu rücken. Die Nachhaltigkeitsexpertin beleuchtet zudem, wie sich das als Wettbewerbsvorteil für den Konzern niederschlägt.

Im Pharmabereich ist die Möglichkeit von Recycling noch sehr beschränkt. Regulatorische Beschränkungen verbieten hinsichtlich der Spezifikationen, recyceltes Material einzusetzen. Im Kosmetikbereich haben wir bei Glas einen sehr hohen Anteil an so genanntem Post-Consumer-Recycling, das aus den Wertstoffsystemen zurückkommt. In den anderen Bereichen ist es auch technisch möglich und wir stehen in den Startlöchern, um unseren Kunden diese Alternativen anzubieten. So können wir beispielsweise Kunststoffe aus Biopolymeren oder recyceltes Ocean Plastic einsetzen. Wir haben es verprobt, wir erfüllen alle Voraussetzungen und letztendlich kommt es jetzt darauf an, dass sich Regulatorien ändern und wir die Kunden überzeugen können.

Inwieweit sehen Sie konkrete Wettbewerbsvorteile im Rahmen Ihrer intensiven Nachhaltigkeitsbestrebungen?

Mit allen großen Kunden führen wir dezidierte Gespräche zum Thema Nachhaltigkeit. Hier sehen wir eine sehr hohe Wertschätzung und Anerkennung für unser Handeln, denn andere Zulieferer sind nicht so breit aufgestellt wie unser Unternehmen. Wir bieten als Lieferant Transparenz und können unsere Kunden mit Echtzeitdaten versorgen. Denn auch Pharmaunternehmen streben danach, CO2 -Emissionen zu reduzieren, auch in ihrer Lieferkette. Für uns ist das die Chance, uns als integrierter Partner und Lösungsanbieter zu positionieren, um Innovationstreiber für die Branche zu werden. Kunden wie Astra Zeneca haben uns für unser Engagement sogar ausgezeichnet. Viele Pharmaproduzenten legen bei der Entscheidung für ihre präferierten Lieferanten großen Wert auf Nachhaltigkeit. Deshalb sehen wir uns in unserem Bestreben bestätigt und verstehen das als klaren Wettbewerbsvorteil.

Eine persönliche Frage zum Abschluss: Wenn Nachhaltigkeit Ihren beruflichen Alltag durch und durch bestimmt - welchen Stellenwert nimmt das Thema in Ihrem privaten Umfeld ein?

Für mich spielt Nachhaltigkeit auch im Privaten eine große Rolle. Job und privates Interesse passen hier hervorragend zusammen. So versuche ich sehr bewusst, Nachhaltigkeit in meine privaten Entscheidungen einfließen zu lassen, sei es bei reduziertem Fleischkonsum, Umstieg auf Elektromobilität oder bei Produkten, die ich beispielsweise für Kosmetik oder als Putzmittel verwende. Manchmal ist es auch der Verzicht auf bestimmte Dinge. Jeder kann im Kleinen für mehr Nachhaltigkeit sorgen. Dafür lohnt es sich, Gewohnheiten zu hinterfragen, ohne dass man dafür perfekt sein muss. Das Schönste ist für mich, dass ich das Thema in beiden Bereichen leben darf. Ich kann mich zuhause bewusst damit auseinandersetzen und habe im Job in großen Dimensionen die Möglichkeit, etwas zu bewirken und das Thema zu gestalten. Das macht mir unglaublich viel Spaß.

Frau Schnitzler, wir danken Ihnen für das spannende Gespräch!

*Hinweis der Redaktion:
Das Greenhouse Gas Protocol unterteilt Emissionen von Unternehmen in drei Bereiche: Scope 1, 2 und 3. Scope 1 deckt alle direkten Emissionen ab, die aus den Aktivitäten eines Unternehmens oder ihrer Tochterfirmen stammen. Zu den Emissionsquellen gehören Wärme-, Kälte- und Dampferzeugung, auch die unternehmenseigenen Fahrzeuge. Scope 2 umfasst die indirekten Emissionen aus der Energie (Strom, Wärme und Dampf), die Unternehmen bei externen Versorgern einkaufen. Scope 3 bildet alle anderen indirekten Emissionen ab, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens (z.B. über Zulieferer) entstehen.