Pharma-Talk mit Jörg Neulist von Zühlke über Data Science in der Pharmaindustrie

Vom Reagenzglas zum Patienten

Jörg Neulist, Lead Consultant für Data Science bei Zühlke

Data Science unterstützt Unternehmen auf dem Weg zur digitalen Transformationen. Auch in der Pharmaindustrie kommen diese Methoden und die Nutzung Künstlicher Intelligenz in vielen Bereichen zum Einsatz. Im Pharma-Talk von pharmaindustrie-online.de nimmt Jörg Neulist, Lead Consultant für Data Science bei Zühlke, den Leser mit in die Welt der Algorithmen. Er beschreibt die Leistungsfähigkeit der Methoden, beleuchtet kritisch die Herausforderungen im Umgang mit KI und gibt spannende Einblicke in Projekte, in denen Unternehmen aus der Pharmabranche von Data Science profitieren.

Herr Neulist, Ihr CEO Ernst Ellmer hat 2019 gesagt, dass Zühlke in Deutschland einen steigenden Bedarf an Expertise im Bereich der Digitalisierung auch in der Pharmaindustrie sehe, insbesondere bei deren Umsetzung. Was unterscheidet Ihr Unternehmen von den vielen anderen Anbietern für Digitalisierungslösungen, insbesondere von den kreativen Start-Ups?

Es gibt einen grundlegenden Unterschied: Start-Ups entwickeln häufig ein Produkt, das skalierbar ist. Oft sind es sehr gute Standardlösungen. Aber sie verfügen nicht über die Kapazitäten großer Unternehmen, um den Kunden individuell zu unterstützen. Unsere Herangehensweise ist eine andere. Wir kommen aus der Beratung und Umsetzung von kundenspezifischen Projekten. Auch sind wir viel stärker darin, Kundenlösungen zu entwickeln, die individuellen Nutzen stiften. Natürlich kennen wir auch die marktüblichen Standardlösungen von Microsoft und Co. Aber wir haben neben den Software-Entwicklern auch UX-Experten für benutzerfreundliche Anwendungen. Business Consultants sorgen dafür, dass der Kunde eine gewinnbringende Lösung erhält. Bei uns wird, unserem Unternehmensmotto „Empowering Ideas“ entsprechend, eine Idee ganzheitlich umgesetzt, statt nur ein Out-of-the-Box Produkt zu verkaufen. Gerade im Bereich Healthcare und Pharma haben wir vielfältige Projekte realisiert, vor allem im Bereich Regulierung.

Bei all den Vorzügen: Welche Hürden gilt es zu überwinden? 

Es gibt auf der einen Seite die ethische Komponente. Zahlreiche Fälle aus den vergangenen Monaten haben gezeigt, dass Künstliche Intelligenz in der Praxis Diskriminierung ausübt. Das ist eine Hürde in der gesellschaftlichen Wahrnehmung: Sei es das unzuverlässige Screening beim Hautarzt oder AI-berechnete Abschlussnoten in England, die sich nicht nur aus vergangenen Leistungen, sondern auch aus sozioökonomischen Faktoren zusammengesetzt haben.

In Unternehmen gibt es ganz andere Probleme, zum Beispiel die Datenqualität. Betriebe verfügen über bereits gesammelte Daten. Diese liegen jedoch nicht so einheitlich vor, um sie direkt zur Umsetzung eines Projektes zu verwenden. Das passiert, wenn Daten manuell erfasst oder aus verschiedenen Systemen zusammengeführt werden. Es fehlt die gemeinsame Datenbasis. Wenn in Anlagen mehrere Maschinen hintereinandergeschaltet sind, müssen die Zeitstempel absolut identisch sein. Sonst lassen sich keine verlässlichen Ergebnisse aus dem Produktionsprozess sammeln. Hier sehen wir also ein Datenqualitätsproblem. Datenverknüpfungsprobleme sind eine weitere Herausforderung, wenn mehrere Prozesse aus verschiedenen Bereichen oder unterschiedlichen IT-Systemen nicht sauber miteinander verknüpft sind. Man erkennt: Es bedarf einer konsistenten Basis. Diese zu errichten, ist häufig die größte Hürde, sowohl auf technischer als auch auf organisatorischer Ebene. Das ist mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden, damit die digitale Transformation gelingen kann. Hier ist die Rückendeckung der Unternehmensführung gefragt. So werden dann aus kleinen Abteilungsprojekten schnell Unternehmensvorhaben.

Man kann sicherlich auch Ängste bei beteiligten Mitarbeitern als Hürde sehen?

Natürlich sorgt auch mangelnde Akzeptanz für Probleme. Experten haben Angst, ersetzt zu werden und verweigern ihre Mitarbeit. Dabei werden sie in ihrer Arbeit entlastet. Wichtig ist, die Menschen hier mitzunehmen und aufzuzeigen, dass sie die Entscheidungen treffen. Die KI bietet nur Lösungsvorschläge. Psychologische Aspekte können zu Ablehnung führen, selbst wenn der „Proof of Concept“ sich als funktionierend erweist. User Experience spielt deshalb in unserer Zusammenarbeit eine große Rolle, um den Erfolg oder Misserfolg aufzuzeigen. Wir wollen unseren Kunden helfen, erfolgreich zu sein. Dazu gehört auch, den Gewinn aus solchen Konzepten zu ziehen, indem sie umgesetzt und in der Praxis etabliert werden.

Und wie steht es um die schützenswerten Daten von Patienten? Da hinkt Deutschland hinter anderen Ländern stark hinterher.

Patientendaten sind ein weiteres, sensibles Thema. Das bringt eigene Herausforderungen mit sich. Deshalb werden besonders hier in Deutschland solche Daten nicht einfach unter den Datenbesitzern wie Krankenhäusern, Ärzten und Krankenkassen geteilt. Dabei gibt es Methoden, um die Daten zu schützen, aber dennoch vollständig zu nutzen. Beim so genannten „Federated Learning“ geht der Algorithmus in ein Datensilo, lernt dort und wechselt dann in das nächste Datensilo. Man sieht, dass sich hier nicht alle Daten an einem Ort vereint befinden müssen, um sie in der Gänze zu nutzen.

Weiterlesen: Einsatz von Data Science - diese Projekte hat Zühlke in der Pharmaindustrie bereits umgesetzt

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