Pharma-Talk mit Dr. Hannakam von Heraeus Precious Metals über hochaktive Pharmawirkstoffe in der Onkologie

Vom Reagenzglas zum Patienten

Dr. Marcus Hannakam

Im Gesundheitswesen begründen Krebserkrankungen einen zunehmenden Behandlungsbedarf. Dabei spielen hochaktive pharmazeutische Wirkstoffe (highly potent Active Pharmaceutical Ingredients - hAPIs) besonders bei Kombinationstherapien eine wesentliche Rolle. Heraeus Pharmaceutical Ingredients ist Spezialist für generische hAPIs sowie als CDMO für die exklusive Synthese zytotoxischer Verbindungen. Im Gespräch mit Dr. Marcus Hannakam, seit 2017 Executive Vice President der Global Business Unit Heraeus Precious Metals und Leiter der Business Line Pharmaceutical Ingredients, geht es um die aktuellen Rahmenbedingungen und globale Perspektiven.

Seit mehr als 30 Jahren spielt Heraeus für platinhaltige hAPIs („Pt-hAPIs“) in Krebstherapien weltweit eine führende Rolle. Können Sie etwas zur Marktentwicklung bzw. den veränderten Anforderungen in den letzten Jahren sagen?

Die Zahl der Krebspatienten nimmt weltweit leider zu, und die Chemotherapie mit Zytostatika ist dabei nach wie vor ein essenzieller Pfeiler in der Therapie. Platinhaltige Wirkstoffe finden Anwendung in nahezu jeder zweiten chemotherapeutischen Behandlung - meist in Kombinationstherapien zusammen mit weiteren Wirkstoffen. Wir beobachten seit einigen Jahren einen konsequenterweise steigenden Bedarf für unsere Wirkstoffe, der sich lediglich in der aktuellen Pandemie auf Grund geringerer medizinischer Kapazitäten oder reduzierten Screenings abschwächte. Die Rohstoffverfügbarkeit wurde bei uns nicht beeinträchtigt, da wir die edelmetallbasierten Rohstoffe im eigenen Hause verarbeiten und fertigen. Auch konnten wir Covid-19-bedingten Engpässen in der globalen Logistik rechtzeitig durch etablierte Alternativen gegensteuern.

Die regulatorischen Anforderungen für hAPIs nehmen allerdings kontinuierlich zu - wobei wir bei Heraeus Pharmaceutical Ingredients hierfür mit einem langjährig erfahrenen Team sehr gut aufgestellt sind. Das haben uns unsere Kunden in einer kürzlichen Umfrage auch gerade nochmal bescheinigt. Summa summarum ist Heraeus Pharmaceutical Ingredients gut durch die Coronakrise gekommen - und wir rechnen mit einem deutlich wachsenden Marktbedarf für platinhaltige Wirkstoffe.

Was macht die Pt-hAPIs von Heraeus - im Vergleich zu anderen Anbietern - besonders?

Wir sind globaler Marktführer auf diesem Gebiet. Warum? Unsere Kunden können sich auf Heraeus als langfristigen Anbieter dieser Wirkstoffe verlassen. Denn die Platingruppenmetalle gehören zu Heraeus‘ Kerngeschäft und wir stehen für eine stabile Supply Chain, die in diesem Segment besonders wichtig ist. Zudem fahren wir eine „Zero-Compromise“-Politik in Fragen von Compliance, EHS und Qualität, sodass wir auf eine Historie ohne einen einzigen unbeabsichtigten Fertigungsstillstand zurückblicken können. Die einwandfreie Produktqualität ohne jegliche Rückrufe vom Markt und ein umfassender Kundenservice bei regulatorischen, analytischen, technisch-chemischen, qualitativen und vertrieblichen Fragestellungen über viele viele Jahre hinweg ist ein Qualitätsmerkmal von Heraeus Pharmaceutical Ingredients - „made in Hanau“. Letztendlich ist es das langfristige Vertrauen unserer Kunden in uns, das sich in unserem Marktanteil widerspiegelt.    

Heraeus Pharmaceutical Ingredients ist Teil des Heraeus Geschäftsbereichs Precious Metals, welcher seit 1851 Erfahrungen in der Platinverarbeitung besitzt. Inwieweit hilft dieses Know-How bei der Entwicklung des Produktportfolios von anspruchsvollen hAPIs für die Onkologie?

Unsere Infrastruktur und das Know-How rund um Edelmetalle und deren Chemie ist die zentrale Basis für eine kosten- und zeiteffektive Herstellung platinhaltiger hAPIs mit optimierter Ausbeute. Die Rohstoffwege sind sehr kurz, effizient, und durch das hausinterne Edelmetallrecycling wird Platin in die Produktion optimal zurückgeführt. Letztendlich können wir so auch ungeplante Kundenanfragen flexibel bedienen. Hierzu trägt auch entscheidend die kürzliche Erweiterung unserer Anlagenkapazität für Pt-hAPIs bei, aus der wir bereits erfolgreich unsere globalen Kunden beliefern.

Gibt es neben dieser neuen Produktionslinie in Hanau (pharmaindustrie-online.de berichtete) weitere Wachstumspläne mit Blick auf die weltweiten Bedürfnisse?

Platinhaltige Wirkstoffe sind unser Kerngeschäft. Aber wir produzieren für die Krebstherapie auch selektive organische hAPIs. Zudem bieten wir als CDMO unseren Kunden schon seit vielen Jahren auch die Entwicklung und Herstellung neuer hAPIs auf Exklusivitätsbasis an. Hierbei handelt es sich um Kundenprodukte von der Präklinik bis zur klinischen Phase III in F&E. Wir freuen uns sehr, wenn unsere Kunden die langjährige Zusammenarbeit wertschätzen und sie das hAPI nach Markteintritt kommerziell bei uns fertigen lassen. In diesem Bereich planen wir die Kapazitäten bereits während der Entwicklungsphase aufzustocken. Leider kann ich keine Einzelheiten nennen, da diese strikt vertraulich sind. Diese Vertraulichkeit ist und bleibt für uns ein sehr hohes Gut in der Kooperation mit unseren Kunden.

Heraeus zählt zu den Top 10 Familienunternehmen in Deutschland. Wie hat sich das in Zeiten der Corona-Pandemie für die Mitarbeiter ausgewirkt?

Unser Unternehmen hat frühzeitig, proaktiv und bis heute kontinuierlich auf die sich verändernde Lage reagiert: Zielgerichtete Maßnahmen wie Maskenpflicht, Abstandsregeln, mobiles Arbeiten sowie Test- und Impfmöglichkeiten vor Ort haben wir zügig und erfolgreich für die Mitarbeiter eingeführt. Insofern konnte eine Ausbreitung des Coronavirus in der Belegschaft verhindert werden. Wir haben von unseren Teams hierzu sehr positives Feedback erhalten. Beeindruckend war für mich, dass die internen Kommunikationsketten von Anfang an sehr gut funktioniert haben und unsere Mitarbeiter die teils kurzfristigen Maßnahmen aktiv und umsichtig unterstützt haben. Heraeus Pharmaceutical Ingredients hatte daher auch keinen Fertigungsstopp wegen Corona.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Als gebürtiger Franke sind Sie schon lange in Hessen. Gibt es trotzdem etwas - zum Beispiel aus dem Bereich Kulinarik - was Sie in Hanau vermissen?

Jede Regionalküche hat ihre Vorzüge und Besonderheiten, teilweise aus einer jahrhundertealten Tradition heraus. Auch innerhalb Frankens gibt es feine Unterschiede. Mit „Schäufala“, „groben Bratwörscht“, Karpfen und „Sauren Zipfeln“ bin ich natürlich aufgewachsen - dafür lohnt sich ein Besuch in der Heimat immer wieder. Bei Essensfragen bin ich aber Kosmopolit und freue mich über das, was Gastgeber in unterschiedlichen Regionen und Ländern auf der Welt mir als neue Geschmackserlebnisse anbieten - von Ost bis West und von Süd bis Nord - immer sind es tolle Erfahrungen.

Herr Dr. Hannakam, vielen Dank für das offene und interessante Gespräch!

Zur Person
Dr. Marcus Hannakam, geb. 1963 in Nürnberg, promovierte als Diplom-Chemiker an der Universität Erlangen auf dem Gebiet der Bioanorganischen Chemie. Er begann seine Karriere 1992 im technischen Vertrieb edelmetallhaltiger Produkte, Katalysatoren, pharmazeutischer Wirkstoffe und Edelmetallrecycling der Firma Heraeus in Hanau und übernahm in der Folge unterschiedliche Leitungspositionen im globalen Geschäft mit edelmetallhaltigen Produkten. Seit 2017 ist Dr. Hannakam Executive Vice President der Global Business Unit Heraeus Precious Metals und Leiter der Business Line Pharmaceutical Ingredients als weltweit führenden Hersteller platinhaltiger pharmazeutischer Wirkstoffe für die Krebstherapie.