Achema 2015: Branche auf Wachstum eingestellt

Pharmamaschinen "made in Germany" weltweit führend

VDMA Maschinen und Anlagen für Pharma und Kosmetik

Der Bereich Herstellungs- und Verpackungsmaschinen für Arzneimittel ist eine kleine, hochspezialisierte und im internationalen Wettbewerb sehr erfolgreiche Teilbranche des deutschen Maschinenbaus. "Für diese Branche ist die Achema die weltweite Leitmesse. Alle führenden internationalen Hersteller sind auf der Messe mit repräsentativen Ständen vertreten. Zur Achema kommen Kunden aus aller Welt, um sich über die neuesten Entwicklungen in der Produktions- und Abfüll- und Verpackungstechnik bei Arzneimitteln zu informieren," betonte Richard Clemens, Geschäftsführer des Fachverbands Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen im VDMA anlässlich der VDMA Achema-Pressekonferenz am 22. April 2015 in Frankfurt.

Das ist nicht ohne Grund so. Denn nach wie vor ist die Zulieferindustrie der einstigen Apotheke der Welt der weltweit begehrteste Lieferant für Produktions- und Verpackungsmaschinen. Mit einem Produktionsvolumen von nach VDMA-Schätzungen 1,7 Milliarden Euro und einem Weltmarktanteil von etwa einem Viertel der Weltproduktion ist der deutsche Pharmamaschinenbau Weltmarktführer.

Branche auf Wachstum eingestellt
In den vergangenen Jahren hat die Branche deutlich Produktionskapazitäten aufgebaut. "Die Branche reagiert damit auf die anhaltend gute Branchenkonjunktur und die guten strukturellen Rahmenbedingungen der Pharmabranche“, erläuterte Clemens. So habe die wichtigste Abnehmergruppe, die international tätig forschenden Arzneimittelkonzerne, mittlerweile das sogenannte 'Patent-Cliff' umschifft. Deren Forschungspipelines seien gut gefüllt und neue Produkte könnten die Umsatzrückgänge durch auslaufende Patente wieder kompensieren. Auch demographische Faktoren, wie die zunehmende Überalterung in den Industrieländern und die Zunahme der Zivilisationskrankheiten in den Emerging Countries sowie der zunehmende Kostendruck auf Arzneimittelhersteller durch die Träger des Gesundheitswesens stimulieren nach Einschätzung von Clemens letztendlich die Nachfrage nach Pharma-Produktions- und -verpackungsmaschinen.

Wegfall des Russlandgeschäfts bremst Wachstum
Die aktuelle Frühjahrsumfrage des VDMA hat, so Clemens, die gute Verfassung der Branche bestätigt. Gestützt wird die Branchenkonjunktur durch eine stabile Nachfrage im Euroraum auf einem im langjährigen Vergleich hohen Niveau sowie durch eine Belebung des Nordamerikageschäfts. Dagegen hat sich die Nachfrage in den sogenannten Emerging Countries, teilweise aufgrund installierter Überkapazitäten, wieder abgeschwächt. Für die kommenden Monate erwarten die Mitglieder für die wichtigsten Regionen (Deutschland, Westeuropa, Nordamerika und Fernost) keine wesentlichen Veränderungen. Insgesamt kann von einer weiterhin guten Branchenkonjunktur ausgegangen werden.

Angesprochen auf den russischen Markt erläuterte Clemens, dass dieser in der Vergangenheit für den Pharmamaschinenbau eine geringe Rolle gespielt habe, da Russland einen vergleichsweise kleinen Anteil seines Arzneimittelbedarfs selbst produzierte und vor allem höherwertige Präparate importierte. Dennoch setzte die Branche, gestützt auf das ehrgeizige russische Ausbauprogramm „Pharma 2020", große Erwartungen in den russischen Markt. "Wir befürchten, dass aufgrund der bestehenden politischen Spannungen und der aktuellen Rubel- und Wirtschaftskrise bei laufenden Projekten eine Umorientierung hin zu Pharmatechnologie- und Maschinenlieferanten aus Indien und China erfolgt und sich damit langfristig unsere Erfolgschancen im russischen Markt geschmälert werden," kommentiert Clemens die Lage.

"Konti" und "Single Use" sorgen für Gesprächsstoff
Aus der Vielzahl der Messethemen hebt Clemens zwei Themen hervor: „Kontinuierliche Produktion" und "Der Einsatz von Single-Use Komponenten". "Das Thema 'Kontinuierliche Produktion' nimmt Fahrt auf. Die Zahl der Projekte hat zugenommen. Gleichzeitig bieten immer mehr Hersteller neue technische Konzepte an. Damit entwickelt sich Konti zum ernst zu nehmenden Konkurrenten traditioneller Batchprozesse" gibt sich Clemens bezüglich der Perspektiven kontinuierlicher produktionsverfahren zuversichtlich. Ein Durchbruch ist aber kurzfristig nicht zu erwarten. Die Pharmaindustrie ist bekanntlich sehr konservativ, wenn es um Herstellverfahren geht. Das Beispiel "Isolatortechnologie" zeigt aber, dass sich eine als vorteilhaft erkannte Technologie langfristig auch durchsetzt. Mitte der 80iger Jahre wurden die ersten Isolator-Linien installiert. Seitdem wird die Diskussion über das Für und Wider dieser Technologie geführt. Nun scheinen sich die Pro-Argumente im Markt durchgesetzt zu haben: Der überwiegende Teil aktueller Projekte entfällt auf Abfülllinien in Isolator-Ausführung.

Im Bereich Herstellung von Steril- und Biotech-Produkten haben Installationen mit Single-Use-Komponenten mehr als den berühmten Fuß in der Tür. Vor allem Vorteile bei der Reinigungsvalidierung sowie verkürzte Reinigungs- und Umrüstzeiten sorgen dafür, dass mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte der Neuinstallationen im Bereich Biotech auf Single-Use-Konzepte entfallen. Bei Abfüllanlagen ist die Frage der Umrüstung bzw. Umrüstbarkeit auf Single-Use Konzepte ein brandaktuelles Thema. Doch auch die klassischen Edelstahl-Installationen wissen zu punkten. Ihre Trümpfe sind: inerte Werkstoffe, keine Beschränkung der Batchgrößen, größere Auswahl an und geringere Abhängigkeit von Lieferanten. "Keine Frage - beide Konzepte haben ihre Berechtigung im Markt. Nur die Rollen haben sich in den letzten Jahren geändert. Single Use ist mittlerweile der Platzhirsch. Edelstahl sieht sich zunehmend in Nischen zurückgedrängt“, beurteilt Clemens den Stand der Diskussion.