Wahl zwischen Anlegefühler und Prozessmessung

Case Study über Temperaturmessung bei B.Braun

Anlegefühler

Die Einhaltung der Prozesstemperaturen ist in der Life Sciences Industrie von zentraler Bedeutung. Zur Sicherstellung der Qualität werden die pharmazeutischen Produktionsanlagen regelmäßig mit Reinstdampf sterilisiert (121...130 Grad Celsius) oder mit Heißwasser sanitisiert (80…85 Grad Celsius). Die Validierung dieser Verfahren soll einen dokumentierbaren Beweis für reproduzierbare Ergebnisse liefern. Diesen Beweis können nur genaue und reproduzierbare Messungen erbringen. Sie überwachen die Einhaltung der Temperaturen, die durch internationale Pharmakopöen definiert sind.

Qual der Wahl zwischen Prozessmessung und Anlegefühler
Der Anwender steht vor der Wahl zwischen einer Prozessmessung, die beispielsweise über ein Schutzrohr eingebracht wird, und einer Messung der Rohraußenwandtemperatur, also einem Anlegefühler. Da die Prozessmessung mit einem Schutzrohr direkt medienberührend ist, sind entsprechende Spezifikationen an Material, Oberflächen- und Schweißnahtqualität (z. B. nach ASME BPE) zu berücksichtigen, deren Einhaltung im Rahmen der Installationsqualifizierung (IQ) zu prüfen und zu dokumentieren ist. Die Eintauchtiefe im Prozess und Halsrohrlänge des Fühlers müssen so dimensioniert sein, dass eine reproduzierbare Kalibrierung nach ISO/IEC17025 möglich ist. Die genannten Punkte entfallen bei einer Messung mit einem Anlegefühler von außen. Der Vorteil liegt hier in der einfachen Installation vor Ort ohne Invasion in den Prozess und deshalb mit deutlich reduziertem Dokumentationsaufwand in der IQ.

Der vollständig metallisch ummantelte Pt100-Anlegefühler wird über eine PEEK-Rohrschelle an die Rohraußenwand gedrückt. Der definierte Anpressdruck an die Leitung wird dabei mit gefedert gelagerten Rollen erzeugt und der Fühler mit einer Inbusschraube in der Rohrschelle fixiert. Die ist je nach Rohrklasse DIN11866 Reihe A, B oder C zur optimalen und bündigen Anpressung an die Rohrwand dimensioniert. Der Einsatz von Wärmeleitpaste ist nicht nötig.

Im Rahmen der Rekalibrierung ist die reproduzierbare Beibehaltung der Fühlerposition am Rohr von Bedeutung. Der Pt100-Fühler kann leicht zur Verifikation abgezogen und gleichzeitig die Rohrschelle auf der Rohrleitung an definierter Stelle belassen werden. Sie wird zu diesem Zweck von einer eigenen Inbusschraube in ihrer Position fixiert.

Umfangreiches Leistungspaket
Die Entscheidung für Prozessmessungen oder Anlegefühler trifft der Anlagenbetreiber meist nach Rücksprache zwischen Engineering, Qualität, Instandhaltung und Kalibrierung. Die B. Braun Melsungen AG errichtete in den letzten Jahren in Melsungen die neue Anlage Life Nutrition, eine innovative Produktionsstätte für Ernährungslösungen. Cristina Molina, Project Managerin bei B. Braun verrät, für welche Variante sich das Pharmaunternehmen entschieden hat: „Die Anlegefühler werden in unserem Hause zur Überwachung der Sanitisierungstemperaturen eingesetzt. Wir sehen hier einen großen Vorteil in puncto Qualifizierung, Handhabung und Hygiene.“ Endress+Hauser erhielt seinerzeit den Auftrag als Komplettanbieter für die Messtechnik und schnürte ein Paket aus über 700 Messstellen für die Reinst- und Schwarzmedienkreisläufe, einem W@M-Portal für Dokumentations- und Instandhaltungszwecke sowie umfangreichen GMP-gerechten Kalibrierdienstleistungen. Über 100 der Temperaturmessstellen wurden aus genannten Gründen mit Rohranlegefühlern ausgerüstet.

Autor: Roland Schönlau, Außendienstmitarbeiter Endress+Hauser